Tagesablauf
18. Januar
Ein Wintertag bei uns im Waldkindergarten
8.30 Uhr
Gespannt verlassen die Kinder, in „Zwiebelschichten“ angezogen, den Bus: Hat es neu geschneit? Ist die Oberfläche glatt und gefroren, gibt es Raureif? Wie haben sich die Spielplätze von gestern verändert?
Entwicklungsfelder: Sinne; Sprache; Denken
Im Wald trifft das Kind immer wieder auf kleine und große Veränderungen. Es wird dadurch aufgefordert, sein Spiel vom Vortag weiterzuentwickeln und erlebt durch die ständige Veränderung eine große Vielfalt.
So entwickelten sie zum Beispiel viele Wörter für Schnee: Bau- Schnee, Platten-Schnee, Globuli-Schnee usw.
Aber zuerst müssen die Rucksäcke in die Hütte geräumt werden: Dass ein kaltes Vesper nicht sehr schmackhaft ist, diese Erfahrung wurde schon im Herbst gemacht. Auch soll der warme Tee nicht auskühlen.
Nun muss die Hütte so schnell wie möglich geheizt werden! Einige Kinder helfen der Erzieherin: Holz holen, Ofen richten mit Kleinholz und Papier, anzünden und überwachen, ob das Feuer richtig brennt.
Entwicklungsfelder: Körper; Gefühl und Mitgefühl; Denken
Hier wird exemplarisch der direkte Sinnzusammenhang zwischen notwendiger Arbeit und Ertrag (warme Hütte) erlebt.
Dass das Kind Verantwortung für das Wohlergehen der Gruppe übernehmen darf und wichtige Arbeiten verrichten kann, gibt ihm Selbstvertrauen. Es erlebt sich als wichtigen Teil der Gruppe.
Das Schichten der Spächele und des Papiers schult Feinmotorik und Geschicklichkeit.
Die Kinder vor der Hütte erforschen in der Zeit das neue (Spiel-) Material, das uns der Winter beschert hat- wie Schnee, Eis und Raureif. Es wird untersucht, gebaut und bestaunt. Wo finde ich Eiszapfen? Wieso ist der Schnee auf der Wiese verharscht und im Wald nicht? Wer hat den längsten Eiszapfen?
Entwicklungsfelder: Sinne; Sprache; Denken
Wahrnehmungsschulung, Wortschatzerweiterung, Erkennen kleinster Unterschiede, Ordnen von Größen und Formen geschieht als Mittel zum Zweck: Unterstützt zwar, aber nicht künstlich hergeleitet. Die Wunder der Natur regen zum Staunen an.
9.00 Uhr
Die Trommel ruft zum Morgenkreis. Nach einem rhythmischen Warmmachlied ziehen wir los. Die Erzieherin hat eine Lupe in ihrem Rucksack. So können die gefundenen Eiskristalle genau betrachtet werden. Die Kinder entdecken Spuren im Schnee und verfolgen diese: Welches Tier war heute Nacht hier? Wo lief es hin? Wen traf es? Gab es einen Kampf? Wo hat das Reh geschlafen? Falls die Tierspur nicht eindeutig ist, wird sie im Tierspurenbuch nachgeschlagen. Welche Spuren hinterlassen wir?
Entwicklungsfelder: Denken; Sprache
Der Alltag im Wald fordert Sachwissen heraus. Hypothesen aufstellen, Vergleiche ziehen, nachfragen, Handlungsstrategien entwickeln…
Sich durch den Winterwald zu bewegen, ist anstrengend: Man muss durch den Tiefschnee stapfen, heruntergefallene Äste überwinden…wer hinfällt, muss sich wieder aufrappeln. Doch mancher schmeißt sich auch mit Wonne in die weiße Pracht! Trotzdem freuen sich allmählich einige Kinder auf die warme Hütte.
Entwicklungsfeld: Körper
Ein großartiges Entwicklungsfeld für den Körper: Sich selbst spüren, eigene Grenzen spüren und überwinden. Eine Vielzahl verschiedener Untergründe und Hindernisse schult den gesamten motorischen Bereich, insbesondere Gleichgewicht und Ausdauer.
10.00 Uhr
Hände waschen und dann ab in die wohlig warme Hütte! Der warme Tee und das reichhaltige Vesper geben neue Kraft. Die tägliche Geschichte wird am wärmenden Ofen vorgelesen.
Entwicklungsfeld: Sinn, Werte und Religion
Gemeinsam am Tisch zu speisen, vermittelt Esskultur. Je reichhaltiger das Vesper, desto größer und sinnlicher der Genuss.
Weil wir jetzt im Winter immer etwas länger in der Hütte bleiben, ist heute Backtag. Diesmal hat eine Erzieherin einen fertigen Hefeteig von zuhause mitgebracht. Auf dem bemehlten Tisch wird der Teig nach einem bestimmten Ritual von Kind zu Kind weitergegeben: Jeder nimmt sich ein Stück. Es wird geknetet, gerollt, geformt und wieder verworfen und so entsteht kreatives Hefegebäck, das liebevoll mit Hagelzucker o.ä. verziert wird. Das Ganze kommt auf unseren Holzofen. Bald schon zieht ein leckerer Duft durch die Hütte.
Entwicklungsfelder: Sinne; Körper; Denken; Sprache
Das Arbeiten mit dem Teig regt alle fünf Sinne an. Die kreativen Entwürfe, zunächst nur erdacht, müssen mittels feinmotorischer Fähigkeiten nun auch umgesetzt werden. Zu guter Letzt gilt es zu warten: Geduld wird geübt und das Nahrungsmittel einmal nicht als ständig verfügbar erlebt.
11.00 Uhr
Mit roten Backen und warmen Jacken geht es wieder hinaus. Nun bleibt Zeit für Freispiel. Ein Teil der Kinder sucht Mitstreiter für eine Schneeballschlacht, andere wollen die Schneerutsche von gestern weiterbauen: Heute hält der Schnee viel besser als gestern! Ein paar Kinder spielen Mutter-Vater-Kind. In Töpfen und Eimern wird Schneesuppe gekocht. In Formen lassen sich sogar Pizza und Kuchen backen! Ein Dreijähriger will einen Schneemann bauen: Gar nicht so einfach! Ein größeres Kind hilft. In einem Eimer sind Stöckchen in einem Wasserblock eingefroren. Ein tolles Bild ist entstanden! Was ist da passiert? Lasst uns doch noch mehr so tolle Eiskreationen zusammenstellen und über Nacht einfrieren lassen!
Entwicklungsfelder: Körper; Sinne; Sprache; Denken; Gefühl und Mitgefühl
Das Freispiel bietet Möglichkeiten für alle Spielarten sozialen Lernens. Die unmittelbare Gegenwart von Elementen wie Erde und Wasser bietet zudem immer neu Zugang zu Naturphänomenen und zu ersten Berührungen mit physikalischen Gesetzen.
12.00 Uhr
Die erste Runde Gebäck kann probiert werden! Nun heißt es aber Rucksäcke holen. Jedes Kind muss kontrollieren, ob es alles dabei hat und sich zum Abschlusskreis einfinden. Hier wird noch gesungen. Auch wichtige Mitteilungen könne noch gemacht werden: Müssen die Kinder an etwas Wichtiges denken? Möchte jemand den anderen noch etwas zeigen oder hat sich jemand heute über etwas geärgert?
Entwicklungsfelder: Sinne; Sprache; Gefühl und Mitgefühl; Denken
Waldkinder lernen schnell Selbstständigkeit: Was ich dabei hatte, muss ich auch wieder mit nach Hause bringen, und an Dinge, die ich morgen brauche, muss ich selber denken. Es gibt viele Spielplätze und nicht einen Raum, wo es sein könnte; auch keine zentrale
Pinnwand, an die die Mutter schauen könnte (dafür aber häufig einen Spickzettel im Rucksack!).
Die hier erlebte Verantwortung und Selbstwirksamkeit geben den Kindern Selbstvertrauen, sie erkennen sich selbst als handlungsfähig.
Gefühle ausdrücken und Anliegen vorbringen zu können, ist unverzichtbar für die Teilhabe in einer Gemeinschaft. So werden bei uns Konflikte nicht nur auf den eigentlichen Hergang reduziert betrachtet, sondern auf der Gefühlsebene behandelt (Was ist passiert und was habe ich dabei gefühlt? Was hat das mit mir gemacht? Was hat der andere gefühlt?)
Wichtig ist uns hierbei besonders, dass Verhalten nicht bewertet wird und nach Schuld oder Unschuld gefahndet wird, sondern dass beide Parteien ihre Position verbalisieren können und eine Lösung gesucht wird, aus der niemand als Verlierer herausgeht.
12.15 Uhr
Nach dem Abschiedslied geht’s mit den Bussen wieder nach Eningen.